Ralf Wagner
[31.8. 2003]
Ein Dank hätte genügt:
Kinderlose in der Rentenversicherung
Seit mehr als zwanzig (!) Jahren
steht fest, dass die Geburtenraten in Deutschland zurückgehen.
In dieser ganzen Zeit haben unsere Politiker im Gegensatz denen
in anderen Ländern nichts unternommen, um das Rentensystem
diesen Gegebenheiten anzupassen. Im Gegenteil. Die Rente wurde
zur Lebensstandardversicherung ausgebaut, insbesondere für
beitragsfrei mitversicherte Ehefrauen. Und um nach der
Wiedervereinigung ein Anschnellen der Arbeitslosenzahlen zu
kaschieren konnten gar nicht genug Wege in den vorgezogenen
Ruhestand geöffnet werden, was den Sozialkassen massenweise
Einzahler entzog und gleichzeitig Anspruchsberechtigte bescherte.
Dermaßen überfordert sind die Rentenkassen schon heute, ein
Vierteljahrhundert vor dem sog. demographischen Gau am Ende. Da
sie es wohl ahnen, dass ein Lösung durch noch höhere Beiträge
nur noch mehr Arbeitslose produzieren wird, haben nun manche
Politiker einen Sündenbock für ihre eigene Untätigkeit und
ihre Hilflosigkeit gefunden: die Kinderlosen. Diese hätten den
Generationenvertrag aufgekündigt. Aber wie kann man einen
Vertrag berechen, den man nicht geschlossen hat?
Er gehört zu einem Rentensystem, welches sich weder aus der
Verfassung ableitet - auch andere Modelle wie bei unseren
Nachbarn sind möglich noch der individuellen Zustimmung
bedarf sondern im Gegenteil, es besteht Versicherungspflicht. Die
Konditionen der Pflichtversicherung aber bestimmen die Politiker,
welche sich nebenbei bemerkt selber von dieser
Pflicht befreit haben. Für deren Altersvorsorge wird in auch in
Zukunft der Steuerzahler aufkommen natürlich unabhängig
von der Kinderzahl von Abgeordneten und Ministern.
Wenn manche Politiker nun die Kinderlosen zu (noch) mehr Beiträgen
verpflichten wollen ist dies verlogen und blanke Heuchelei. Wenn
die Kinderlosen angeblich den Generationenvertrag aufgekündigt
haben, denn sollte man auch konsequent sein und sie aus der
Rentenversicherung vollkommen ausschließen: Keine Ansprüche,
aber auch keine Einzahlung. Und während die so in die Freiheit
der Eigenvorsorge entlassenen darüber wohl mehr als glücklich wären,
dürfte allen anderen hoffentlich eines klar werden: Die
Einzigen, die in diesem System Solidarität üben, sind die
Einzahler und zwar immer die aktuellen. Ob aus Kindern
Einzahler werden oder Politiker, Beamte, kostenlos mitversicherte
Ehefrauen oder was auch immer, kann heute keiner sagen. Die
Rentenversicherung kann kein Ersatz für Familienpolitik sein.
Daher sollte man den kinderlosen Einzahlern nicht drohen. Ein
Danke für Steuern und Sozialbeiträge würde genügen.
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