Ralf Wagner
[11.7. 2006]
Staatsversagen - die
Krankenversicherungspflicht kann man eigentlich nur noch
abschaffen
zu Tina Hildebrandt / Elisabeth Niejahr: Das große
Scheitern in Die Zeit 28/06
Die
Gesundheitsreform der Großen Koalition ist gescheitert. Aber überrascht
das denn wirklich jemanden?
So, wie die Gesetzlichen Krankenversicherung heute organisiert
ist ineffizient, intransparent, überteuert, hochbürokratisch
und eigentlich am Ende , ist sie von CDU und SPD gemeinsam
geschaffen worden. Beide haben sich dabei mit immer sozial
gerechteren Weiterentwicklungen überboten.
Verlierer sind die Leistungsträger: die Einzahler auf der einen
und die Ärzte auf der anderen Seite. Das wachsende Herr der
kostenfrei oder zu symbolischen Prämien Versicherten (nach der
Bedürftigkeit wird nicht einmal gefragt), zahllose Verbände und
Vereinigungen sowie natürlich die Gesetzlichen Kassen mit dem
Moloch des Risikostrukturausgleiches selbst halten dies System
jedoch für das beste der Welt und erwarten nur eines: immer mehr
Geld. Natürlich von anderen. Solidarität wird nicht mit den
Kranken eingefordert sondern mit einem kranken System und seinen
Profiteuren.
Doch da sie diese Biotope selber geschaffen und jede Kritik daran
jahrzehntelang als unsozial abgemeiert haben, können die
Politiker der Großen Koalition diesen Forderungen nicht einmal
ernsthaft entgegentreten geschweige denn das System wirklich verändern.
Der neuerliche Kompromiß liegt daher ganz in der Tradition der
unzähligen vorangegangen und beweist nur eines: das Versagen
eines anmaßendes Staats, der immer schwächer wird, je mehr er
selber zu regeln versucht. Die Parteien haben ein System der
Krankenversicherung geschaffen, das nicht mehr reformierbar ist
und das auch durch seine Ausweitung sei es auf die Privaten oder
auf noch mehr Steuermittel nicht gerettet werden kann. Eigentlich
kann man es nur noch abschaffen.
Mehr Freiheit wagen hieß es in der Regierungserklärung
von Angela Merkel. Wer sich das traut, kann letztlich nur
gewinnen, zum Beispiel wenn er den Bürgerinnen und Bürgern die
Verantwortung für die Gesundheitsvorsorge und damit die
Kontrolle zurückgibt. Und niemand, aber auch niemand würde sich
dann beklagen, wenn die Prämien für die, welche sie
wirtschaftlich nicht schultern können oder chronisch krank sind,
durch Steuern getragen werden würden.
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